Erste Erfahrungen eines Kaderfrischlings
Ein Bericht von Velia Schall
Ich dachte immer ich wäre fit. Ich gehe ja schließlich auch Klettern, Schießen und mache sonst auch noch ein Ausdauerprogramm. Wenn man nicht fit ist, kann man ja auch als schmächtiges Mädchen schon gar keine 59lbs schießen, oder? Die Schlussfolgerung musste also heißen: Ich bin fit!
HA! Das war leider weit gefehlt! Im November 2013 traten mit dem Nationalkader Compound auch die Trainer Robert und Cicek in mein Leben. Und mit diesen zweien auch das Anti-Wackel Programm und die allseits so gefürchtete Testbatterie. Diese besteht aus den folgenden vier Übungen: In jeweils drei Minuten sollte man möglichst viele Liegestütze, Situps und Trizepsstützen machen. Weiter sollen drei Kilo Hanteln seitlich am ausgestreckten Arm bis auf Schulterhöhe gehoben werden, damit die Haltekraft im Bogenarm gestärkt wird. Dabei sollen möglichst viele Wiederholungen am Stück gemacht werden. Und wie das immer so ist, eine Steigerung ist wünschenswert und macht sich immer gut im Trainingsbericht.
So schlimm kann das alles nicht sein, dachte ich mir! Das wird schon gehen, denn ich war ja fit! Wie sich herausstellen sollte, lag ich mit meiner Einschätzung etwas daneben. Was die Maximalkraft angeht, ist eindeutig noch Luft nach oben. Ab sofort hieß es wenigstens jeden dritten Tag und frei nach dem Motto: „Quäl dich du Sau“, Testbatterie machen!
Aber was soll das eigentlich bringen? Und vor allem wie wird dadurch mein Schießen beeinflusst? Wackle ich tatsächlich weniger? Wird man nicht nur durch die Anzahl Pfeile, die man schießt, ein besserer Schütze?
Ich für mich habe festgestellt, dass die Anzahl der Pfeile wichtig ist. Aber das ist noch längst nicht alles. Viele Pfeile sind sicher hilfreich und nötig. Für den einen oder anderen mag die Anzahl einen hohen oder weniger hohen Stellenwert im Training haben. Ich für meinen Teil habe festgestellt, dass die Grundfitness des Körpers eine entscheidende Rolle für mein Schießen spielt. Schon nach einem Monat machte sich das regelmäßige Ausführen der Testbatterie bemerkbar. Ich wackle tatsächlich weniger und zudem war ich plötzlich in der Lage meine Ergebnisse über einen längeren Zeitraum hinweg stabil zu schießen. Und vor allem, und das freut mich besonders, bin ich auch in Belastungssituationen stabiler geworden. Und das ist etwas auf das man im Hinblick auf Schießtechnik und Ergebnisse weiter aufbauen kann. Und das ist genau das Ziel, welches ich verfolgen möchte.
Aber ich kann nicht nur mit einer erstklassigen Bikinifigur und stabileren Ergebnissen glänzen, sondern ich habe etwas Entscheidendes für mich mitgenommen. Mein Körper gehört zu meinem Schießmaterial dazu! Ich kann meinen Bogen noch so gut tunen und einstellen, wenn ich nicht dasselbe mit mir mache, funktioniert das Ganze trotzdem nicht so gut wie es könnte. Das zusätzliche Krafttraining hilft mir mich immer mehr auf mich selbst zu verlassen. Nicht nur die Physis wird stabiler sondern auch die Psyche.
Um neben dem vielen Krafttraining auch den Schussablauf weiter zu verbessern, gaben uns die Trainier die Trainingsmethode „Feeling Points“ an die Hand. Hierbei wird der Schussablauf bewertet. War der Schuss super gibt es drei Punkte, war er gut zwei Punkte und bei einem mittelmäßigen bis schlechten Schuss wird ein bzw. kein Punkt verteilt. Es kann also ganz unabhängig vom Ergebnis an einem guten und flüssigen Schussablauf gearbeitet werden. Wenn der Schussablauf stimmt und immer und immer wieder genau der gleiche ist, passt auch irgendwann das Trefferbild! Man muss nur noch das Visier einstellen. Aber wie wirkt sich diese Übung auf mein Verhalten in einer Wettkampfsituation aus? Wie wirkt sie sich also in einer Situation aus, in der ich gerne treffen möchte? In solchen Situationen möchte mein Kopf mich dazu verleiten besonders genau zu zielen, noch besser als sonst dazustehen oder andere komische Dinge zu tun. Dabei muss ich mich nur hinstellen und einfach immer und immer wieder meinen Schuss machen. Immer genau den gleichen, den ich im Training geübt habe. Hilfreich kann auch eine kurze Checkliste sein, die man im Kopf abarbeiten kann.
Neben der Testbatterie, dem Schießpensum und den vielen Trainingsmethoden gibt es aber eine Sache, die besonders entscheidend ist. Und das ist der Spaß am Schießen, der Spaß an einem schönen Schuss. Denn es ist ein grandioses Gefühl, wenn der Pfeil nach einem guten Schuss mitten im Zehner landet und der Bogen in die Fingerschlinge fliegt. Ebenso ist es eine wahre Freude Mitglied dieser großen Gemeinschaft aus Schützen zu sein und immer wieder mit Teamkollegen und Freunden zusammen zu kommen, um das zu tun (oder auch nur darüber zu diskutieren) was wir besonders gerne mögen, nämlich schießen!