Den Schuss fühlen
Dieses Gefühl, wenn sich der Schuss löst und man schon, bevor der Pfeil auf der Auflage landet, weiß, dass er in der 10 steckt, ist wohl eins der besten Momente im Bogenschießen.
Um zu diesem Gefühl überhaupt kommen zu können, muss man sich und seinem Material vertrauen. Das perfekte Tuning für Bogen und Material ist damit nicht gemeint. Nicht jeder hat die Ressourcen und das Wissen, wie man einen Bogen gut einstellt und noch keiner hat ein Wunderrezept gefunden, wie die perfekte Einstellung aussieht. Man sollte jedoch seinem Material vertrauen, sich damit sicher fühlen und versuchen, es nach bestem Wissen und Gewissen einzustellen oder einstellen zu lassen. Wenn das getan ist, kann man mit Vertrauen in sein Material in einen Wettkampf oder ins Training starten und an sich als Schütze arbeiten.
Um sich selber beim Schießen vertrauen zu können, muss man wissen, wie sich der eigene gute Schuss anfühlt. Jeder hat seinen eigenen Schießstil und muss sich auch nicht unbedingt verbiegen, um zu schießen, wie jemand anderes das tut. Natürlich kann man sich aber auch etwas von dem einen oder anderen Topschützen abschauen 😉 Man muss es schaffen sich und seinen Stil in Einklang zu bringen und die Schüsse immer nach dem gleichen Schema zu schießen. Nach einem Schuss sollte man wenn möglich sagen können, welche Note man diesem Schuss geben würde. Hilfreich dazu sind beispielsweise die Feelingpoints, welche bereits in einem älteren Beitrag genannt worden sind. Wichtig bei diesen Feelingpoints ist es, dass man das Treffen bei der Bewertung nicht mit einbezieht, es soll lediglich der Schussablauf „benotet“ werden. Nun werde ich zu meinem ersten Punkt kommen: Lob
Eigenlob stinkt nicht
Wenn man die Schützen bei einem Wettkampf an der Schießlinie mal beobachtet, findet man schnell Schützen, die den Kopf schütteln. Gegenfrage: Habt ihr schon einmal einen Schützen an der Schießlinie gesehen, der mit dem Kopf genickt hat und nach einem Schuss vielleicht ein Lächeln auf den Lippen hatte? Also ich persönlich kenne nur wenige Schützen, die das tun. Aus rein psychologischer Sicht, ist Kritisieren oder Kopfschütteln aber alles andere als fördernd. In der Verhaltenspsychologie wird auf ein Belohnungssystem gesetzt. Sprich Gutes wird gelobt und Schlechtes wird ignoriert, denn jeder strebt danach Lob zu bekommen. Da wir nicht jedes Mal jemanden hinter uns stehen haben, der uns für gute Schüsse lobt, sollten wir das für uns selber übernehmen. Dabei ist nicht gesagt, dass man einfach bei jedem Schuss sagen soll:“ Oh der war aber toll!“ Man kann entweder kleine Dinge loben (stehen gelassener Bogenarm, gutes Lösen, mutig durchgezogen…) oder auch den ganzen Schuss, wenn er denn gut war. Vermeiden sollte man das Kopfschütteln oder das Nennen der Dinge, die nicht gut waren. Denn wie gesagt, die Psyche reagiert besser auf Belohnung, als auf Bestrafung. Es ist schwer, nun seine Gewohnheiten von jetzt auf gleich abzulegen, aber man sollte beim Kopfschütteln (wenn es dann doch mal passiert) immer auch daran denken, mal zu loben bzw. zu nicken.
Aus meiner Erfahrung in einigen Praktika in Schulen als angehende Lehrerin kann ich noch ein gutes Beispiel nennen: Typische Situation in einer Klasse. Man fordert die Klasse auf, ruhig zu seinen und nach vorne zu schauen, da man etwas Wichtiges sagen oder zeigen möchte. Die Schülerinnen und Schüler unterhalten sich aber noch rege über Themen, die gerade keine Rolle spielen. Nur ein Schüler, nennen wir ihn Tom, sitzt auf seinem Platz und wartet, bis der Unterricht weitergehen kann.
Variante 1: Man ermahnt immer wieder einzelne Schüler bitte ruhig zu sein und mit dem Gerede aufzuhören, nach ein paar Minuten und 100 Worten mehr hat man es dann geschafft.
Variante 2: Man nennt Tom als gutes Beispiel:“ Das freut mich aber, dass Tom schon so ruhig an seinem Platz sitzt und wartet.“
Nach maximal 10 Sekunden sitzen alle Schülerinnen und Schüler auf ihrem Platz und schauen nach vorne. Wieso das die Kinder machen? Jedes Kind und auch wir Erwachsene streben danach Anerkennung und Lob für geleistetes zu bekommen. Sie möchten auch mal in der Rolle sein, gelobt zu werden. Egal ob bei der Arbeit, zu Hause oder eben bei unserem Hobby. Wer einen Hund hat, weiß ebenfalls, wie gut Belohnungen bei der Erziehung helfen können.
Das Lob muss sich nicht immer nur auf den Schussablauf beziehen, es kann sich auch auf geschossene Ringzahl beziehen. Nur sollte es ehrlich und häufiger sein als eine Kritik.
To be continued…