Funktionen des Aufwärmens

Wenn man so durch die Reihen der Sportler späht, kann man oft beobachten, dass die unterschiedlichsten Aufwärmtechniken vor einem Wettkampf angewandt werden. So war es auch beim WeltCup in Polen. Auch dort konnte man viele Varianten beobachten. Die einen laufen vorher, die anderen schwingen wild die Arme hin und her und bei einigen sah es so aus, als würden sie uns die ganze Zeit zuwinken, was so betrachtet natürlich immer sehr nett ist.

Da wir gerade die sehr angenehme Gesellschaft von Dr. Martin Bauer genießen durften, haben wir ihn doch direkt mal gefragt, wie er es als Mediziner sieht. 

Dr. Bauer hat im Grunde zwei wesentliche Punkte hervor gehoben, die vor dem Wettkampf oder einem sportlichen Einsatz eine wichtige Rolle spielen.
Zum Einen ist es die gesamthafte Aktivierung zu der anstehenden Aktion. Das kann man grob als die Einstimmung in das Geschehen verstehen.
Es sind Bewegungsabläufe, Gewohnheiten und ähnliche Dinge, die zum Einsatz kommen. Es sind Dinge, die man immer vor einem Wettkampf tut.

Zum Anderen ist die physische Vorbereitung des Körpers für den sportlichen Einsatz sehr wichtig. Hierunter ist die Aktivierung der speziellen Muskelgruppen zu verstehen.

Das Gespräch wurde aufgezeichnet und wird hier Wort für Wort wiedergegeben:

„Aufwärmen hat für mich zwei Funktionen:

Das eine ist, ganz gleich was du machst – als Aufwärmtechnik oder welche Art von Bewegung du durchführst – du stimmst dich damit auf deinen Wettkampf ein oder auf deine sportliche Aktivität. Weil du es eben immer so machst. Was du immer so machst, ist automatisch der Reiz, mit dem du sozusagen, wie bei einem Reiz Reflexbogen[i], dich aktivierst und zwar unabhängig von dem, was du jetzt als bewusste Bewegung  machst, sondern einfach über das unbewusste Durchführen von bestimmtem Abläufen.

Die zweite Aufgabe des Aufwärmens ist natürlich ganz klar die speziellen Muskelgruppen zu aktivieren. Das heißt, die Durchblutung zu fördern und auch sie in den Spannungszustand zu versetzen, den du letztendlich für die Umsetzung der geplanten Bewegungen brauchst. Oft wird der Fehler gemacht, dass dann im Aufwärmvorgang, um vermeintlich möglichen Muskelverletzungen vorzubeugen, schon auch gleich mit dem Stretching begonnen wird, das heißt mit dem Aufdehnen der Muskulatur, die vermeintlich verkürzt ist. Und wir wissen, zumindest in den Sportarten, wo  diese Muskulatur dann aktiv gebraucht wird, dass du damit die Grundspannung, die du dir vorher über diese Reiz Reflexbogen-Antwort des Körpers eigentlich geholt hast,  dass du die wieder zusammenbrechen lässt. Das heißt also, du verlierst durch das Aufdehnen den Tonus, die Spannung der Muskulatur, die du vorher konditioniert hast. Dehnen gehört somit grundsätzlich ans Ende des Wettkampfs oder ans Ende der Belastung. Ein leichtes Andehnen oder ein Vordehnen – das kann sehr wohl im Aufwärmvorgang Platz haben.

Das wären die zwei  großen Funktionen des Aufwärmens. “


[i] Das Wort Reflexbogen bezeichnet in der Physiologie den Weg, den ein Reiz vom Auslöser zum reagierenden Organ nimmt (Quelle: Wikipedia)

Wir danken Dr.Bauer für diesen informativen Beitrag.

Zur Person:
Dr. Martin Bauer ist Facharzt für Orthopädie im Krankenhaus Maria Hilf in Warstein.

Ferner ist Dr. Bauer Anti-Doping Beauftragter des DSB und der Mannschaftsarzt bei der anstehenden WM Bogen in Antalya.
Beim WeltCup in Polen war Dr. Bauer im Auftrag der World Archery als ‚Clean Sport Supervisor‘ anwesend.